China: Shangri-La
von ANDREAS am 29. SEPTEMBER 2011
Samstag, 17. September 2011
Mit einem Taxi fahren wir nach Qiaotou, ein Dorf am Anfang der Tiger-Sprung-Schlucht, wo der Bus von Lijiang nach Shangri-La um 11.00 Uhr durchkommen soll. Wir haben dann aber Glück. Kaum hat uns das Taxi ausgeladen, hält neben uns ein Minibus und nimmt uns zum Preis des Busses mit, so dass wir bereits um die Mittagszeit am Ziel sind.
Auf dem Weg sehen wir die ersten Stupas mit Gebetsfahnen, ein untrügerisches Zeichen dafür, dass wir uns im tibetischen Kulturgebiet befinden.
Unser Plan sieht vor, dass wir von Shangri-La aus mit einem Jeep nach Lhasa fahren. Die Strecke muss atemberaubend schön sein und sie gilt als ziemlich anspruchsvolle und abenteuerliche Strecke, auf die wir uns freuen.
Von der Infrastruktur her stellt diese sieben bis zehn Tage lange Route kein Problem dar, sofern der Winter noch nicht eingebrochen ist. Es existiert eine zwar ungeteerte, aber gut befestigte Strasse und wir treffen mehrere chinesische Traveller, die diese Route in Angriff nehmen.
Die große ungeklärte Frage ist, ob wir für die Strecke ein Permit der chinesischen Regierung bekommen werden. Unklar ist auch, wie scharf diese Permits überhaupt kontrolliert werden und was man mit den richtigen Beziehungen gegebenenfalls bewegen kann. Hier zählen wir insbesondere auf die Nähe Shangri-La´s zur Provinzgrenze nach Tibet. Spannend ist auch, dass weder im Internet noch sonstwo wirklich zuverlässige Informationen zu finden sind, was für ausländische Touristen möglich ist und was nicht.
Um es kurz zu machen: an diesem Nachmittag zerplatzt unser kleiner Traum!
Wir lernen, das individuelles Reisen in Tibet für Ausländer bis 2007 relativ problemlos möglich war. Im Frühjahr 2008 gab es heftige Unruhen, insbesondere in Lhasa, anläßlich des 49. Jahrestages der Aufstände im Jahr 1959. Die chinesische Regierung reagierte recht schnell. Die Einreise nach Tibet über Land wurde Ausländern grundsätzlich untersagt. Offiziell geschieht dies zum Schutz der Touristen, die Wahrheit ist jedoch, dass insbesondere westliche Besucher eher mit den Tibetern, als mit dem Vorgehen der chinesischen Regierung sympathisieren.
Die Einreise nach Tibet kann zur Zeit nur noch mit dem Flugzeug oder der Bahn erfolgen. Voraussetzung dafür ist ein individuell ausgestelltes Permit, das man nur dann bekommt, wenn man über ein Reisebüro eine Reise mit einer auf den Tag festgelegten Routenplanung bucht. Diese Buchung beinhaltet einen vom Reisebüro zu stellenden Guide für die gesamte Zeit des Aufenthalts in Tibet. Das Permit hat der Guide, nicht der Reisende, mitzuführen, was bedeutet, dass man ohne diesen innerhalb Tibets keinen Schritt machen kann. Der Guide und das Reisebüro sind konsequenterweise auch verantwortlich für das, was die Besucher in ihrer Verantwortung so anstellen. Das System funktioniert, denn wer seine Besucher nicht im Griff hat, kann über Kurz oder Lang sein Reisebüro dicht machen - ein Argument, das zieht! Journalisten ist die Einreise nach Tibet übrigens grundsätzlich nicht möglich. Alle genannten Regelungen ändern sich seit der Einführung häufig, was erklärt, warum wir keine zuverlässigen Informationen gefunden haben. So war z.B. das Reisen nach Tibet im Juli 2011 gar nicht möglich. Hintergründe sind dann häufig Jahrestage von Aufständen oder der Geburtstag des Dalai Lama, an denen erneut Unruhen erwartet werden.
An diesem Nachmittag sitzen wir in einem Reisebüro, das von Jampa, einem Tibeter, geleitet wird. Er war selber viele Jahre lang Guide in Tibet und kennt sich dort hervorragend aus. Gemeinsam mit ihm macht es Spaß über Tibet zu sprechen und wir planen vorschriftsmäßig alle Übernachtungsorte, alle zu besuchenden Sehenswürdigkeiten und alle sonstigen Aktivitäten auf den Tag genau, was für uns ganz ungewohnt ist. Als wir einen Ruhetag in Lhasa einplanen wollen, an dem wir unsere Eindrücke verarbeiten und einfach mal relaxen wollen, geht das gar nicht, weil Relaxen nicht "permitfähig" ist und nicht genehmigt werden würde. Also schieben wir eine eintägige Mountainbike-Tour durch Lhasa ein, die Mountain-Bikes bezahlen wir übrigens im Voraus! Die Ausstellung des Permits wird zehn Tage dauern, darauf müssen wir uns einstellen!
Mit der fertigen Grobplanung gehen wir zurück ins Guesthouse, recherchieren nochmals Details und überschlafen unsere Planung noch einmal gründlich.
Sonntag, 18. September 2011
Der Tag startet mit einem Frühstück bei N´s Kitchen, das wir auch als Unterrichts-Restaurant für den heutigen Deutsch-Unterricht gewählt haben.
Für mich ist der Vormittag ein typischer Organisations- und Bürotag. Wäsche waschen, Finanzen checken, Versicherungskram für meiner Kamera abwickeln und Emails werden erledigt.
Mittags gehen wir nochmals zu Jampa´s Reisebüro und finalisieren unsere Routenplanung durch Tibet. Heike hatte gestern Nacht zudem die Idee, nicht von Shangri-La nach Lhasa zu fliegen, sondern uns in der kommenden Woche nach Chengdu zu bewegen und von dort mit dem Tibet-Express nach Lhasa zu fahren.
Genial ist diese Idee deshalb, weil der Tibet-Express - offiziell Qinghai-Tibet-Bahn, welche die Provinzen Qinghai und Tibet miteinander verbindet - die höchste Eisenbahn der Welt ist und durch grandiose Landschaften fährt, die wir uns auch bei unserer Jeep-Tour erhofft hatten. Außerdem wollen wir die zehn Tage, die wir auf das Permit warten müssen, nicht in Shangri-La bleiben, so schön es hier auch ist.
Auf diese Weise haben wir mehrere Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Ergebnis des Tages: wir haben einen Plan!
Montag, 19. September 2011
Nina´s grösster Wunsch bei unserer Reiseplanung war immer, möglichst viel mit Pferden und vor Allem auf dem Rücken von Pferden zu unternehmen. Bisher konnten wir ihren Wunsch nicht erfüllen, aber heute wird er Wirklichkeit!
Wir haben bei Jampa eine "Tibetan Cultural Tour with Horses" gebucht, die neben dem Reiten auch den Besuch eines tibetischen Hauses beinhaltet. Ziel unserer Reittour ist das Sommerlager von hier lebenden Halbnomaden, die im Sommer hoch in den Bergen und im Winter in tieferen Lagen leben.
Das Ganze entpuppt sich als großer Spaß für Nina, die reitet, was das Zeug hält! Die anfänglichen Sorgenfalten unseres Guides darüber, das ausgerechnet das jüngste Gruppenmitglied reiten könne und deshalb ohne Pferdeführer reiten dürfe, weichen schon bald einem breiten Grinsen über die Begeisterung unserer Tochter. Heike, Nicolas und ich werden geführt, wir ertragen es mit Würde!
Insgesamt haben wir zu Viert einen schönen Tag in den Bergen mit Pferden, so dass wir Alle zumindest ein Stückchen auf unsere Kosten kommen!
Dienstag, 20. September 2011
Morgens macht Heike mit den Kids wieder Deutsch-Unterricht. Ansonsten verläuft der Tag wieder als Organisations- und Relaxtag. Bustickets für unsere Weiterfahrt müssen gekauft werden, Jampa bekommt einen Haufen Geld von uns, so dass ich schon seit zwei Tagen die Geldautomaten in Shangri-La "melke" und ich schreibe seit einer Ewigkeit mal wieder Tagebuch, bis ich auf dem aktuellen Stand bin.
Heike und ich begehen heute unseren 15. Hochzeitstag, was wir mit einem besonders schönen Abendessen feiern. Leider kann Heike das Essen nur zum Teil geniessen, da sich eine ordentliche Halsentzündung ankündigt.
Wir gehen früh ins Bett, morgen müssen wir um 05.00 Uhr aufstehen, um den einzigen Bus des Tages nach Xinagcheng zu nehmen.